Es steht aber doch niemals alles auf einmal
Es steht.
Es steht übereinander.
Es kehrt wieder.
Es steht wider.
Es widersteht.
Die Linie gegen den Strich.
WAS ALLES NOCH ZUSÄTZLICH AM GLEICHEN ORT STEHEN KÖNNTE
DOCH/ABER: Dazwischen liegt, was alles noch zusätzlich am gleichen Ort stehen könnte. Solange ich mich nicht für eine Seite entscheiden muss, ist jeder Widerspruch erträglich. Wie schön, wenn es mich nicht tangiert und ich es so stehen lassen kann. Eine emanzipierte Frau kann auch in einer Burka gehen. Das ist kein Gegensatz. Solange es mich nicht betrifft, kann es durchaus übereinanderstehen. Auch in der Sprache kann alles übereinanderstehen:
Es sei einmal dahingestellt, der Satz.
DOCH bezieht sich auf etwas zeitlich Früheres oder Negiertes, das sich nun bestätigt hat und eingetreten ist. Der Bezug auf das Alt(bekannt)e erfolgt als Schleife gezeichnet als Loop. In der Beziehung auf das Negative, das meist in Form einer Frage auftritt, wird die Verneinung bestritten. Das Strittige wird dadurch aber nicht aufgehoben oder aus der Welt geschafft. Es erfolgt einfach nur ein Zug in die andere Richtung: Nein, hierhin <-> Doch, dorthin. Wer schließlich die Oberhand behält, ist unklar, vorerst einmal DOCH, aber: ja dieser Einwand kommt noch.
Nein, hierhin <-> Doch, dorthin.
DOCH – ABER können zwei auseinanderstrebende Vektoren sein, Kräfte von denen jede in eine andere Richtung zieht.
Es geht im Moment jedenfalls unentschieden aus. DOCH – ABER können zwei auseinanderstrebende Vektoren sein, Kräfte von denen jede in eine andere Richtung zieht. Das Strittige ist ein Gezerre. Rechthaberisch. DOCH wirkt darin möglicherweise etwas rechthaberischer als ABER, nicht zuletzt, weil es gegen eine (vergangene) Behauptung anspricht. DOCH hat eine mögliche Richtung in die Vergangenheit, verweist auf bereits Gesagtes, Angekündigtes. Etwas hat sich bereits angekündigt und DOCH nimmt darauf wieder Bezug: „Das habe ich dir doch (= bereits) gesagt“. Im Tonfall rechthaberischer Genugtuung.
"Aber das macht doch nichts" (quasi-gnädig)
ABER und DOCH können sich auch zu einer affirmativen Ermutigung verbinden, hinter der schon die Verurteilung lauert, die nur für diesen kurzen Moment ausgesetzt ist. In dieser Verbindung tritt DOCH als das Gesagte abschwächendes und das ABER verstärkendes Element auf: Quasi gnädig: „Aber das macht doch nichts.“
"Das ist aber schön. Nein, doch nicht"
Andrerseits besteht auch eine gewisse Gegenseitigkeit, jedes Element kann dem anderen fast gleichermaßen widersprechen. Keines gewinnt die Oberhand. „Das ist doch schön, aber auch wieder nicht“ oder „Das ist aber schön, nein doch nicht.“
DOCH benötigt eine Verneinung, die es hervorhebt und vorläufig durchgestrichen (im Gewand der Drohung) stehen lässt: „Hofer hat doch nicht vor, die Regierung zu entlassen.“ Also sicher ist da nichts. Wankelmütig eher ist diese Kehre, die da beschrieben wird. Er kann immer noch auf ersteres zurückkommen (siehe Schleife oder Loop). Das erste Vorhaben wird gestrichen, aber nicht weggeworfen. Es ist aufgehoben und wird aufgehoben für später. Man kann ja nie wissen, wie sich die Zeiten noch ändern.
ABER dagegen ist immanenter. Es bleibt im Horizont der Gegenwart ohne die taktischen und zeitlichen Schlenker des DOCH.
ABER hat in den meisten Fällen recht. Realitätsfaktisch, realitätssinnig recht. Die Entwicklung der Dinge gibt ihm recht, der jeweiligen Geschichte letztes Wort, nicht die ethische Position oder die Wirklichkeit. „Ein garantiertes Grundeinkommen wäre doch eine soziale Lösung für alle, aber es ist keinesfalls realistisch.“
Das DOCH sucht Allianzen und Bestätigungen im Früher oder im Außerhalb. Mit DOCH habe ich zumindest eine Position und einen Standpunkt, auf dem ich beharren kann, mit ABER nur den Einwand.
Die persuasive Kraft des DOCH besitzt das ABER nicht. Mit DOCH kann ich mich gegen den Lauf der Welt und gegen die Orthodoxie stellen: „Und sie bewegt sich doch“. Mit DOCH lässt sich mehr mobilisieren als mit ABER. Es kommt ganz auf meine Überzeugungskraft und meine Verbündeten an. Wer diese Verbündeten sind – ob zwielichtig oder respektabel –, bleibt dahingestellt. Sie treten auf im Off der Aussage, man spürt noch ihre Körper und ihren Willen und das, was sie zu bewegen suchen.
Mit mir gegen mich.
Mein ganz persönliches DOCH/ABER/DOCH, das mich suspendiert und in der Luft hängen lässt:
DOCH war schon einmal anderswo, ABER nicht.
ABER ist hier.
DOCH sucht etwas wieder auf, um es zu verstärken.
ABER steht wider.
WIEDER und WIDER
Kein Für.
Im DOCH kehrt es wieder
Im ABER steht es wider.
Es steht, ABER DOCH
niemals alles auf einmal.